Karfreitag verstehen
Über Zweifel und Wahrnehmung.
Karfreitag ist uns als hoher kirchlicher Feiertag bekannt. An diesem Tag, so wird es in der Bibel überliefert, wurde Jesus Christus für unsere Sünden gekreuzigt. Das klingt nach Schuldgefühlen, nach schwerer Last. Es klingt unvorstellbar. Und jetzt? Verdrängen? Nein: ganz ehrlich hinsehen! Auch hinter die Kulissen. Über Bedeutung und Hintergründe.
03.01.2025
Andreas Räber
Frohmachende Botschaft?
Christlicher Glaube wird immer wieder als frohmachende Botschaft dargestellt.
Doch der Blick auf Karfreitag vermittelt, zumindest mir, ein anderes Bild: Tod. Kreuzigung! Absolute Grausamkeit.
Frohmachende Botschaft … Ich bin versucht an dieser Aussage zu zweifeln. Wie so oft, versuche ich mir darum die Frage anders zu stellen:
Was hat Karfreitag mit mir ganz persönlich zu tun?
Karfreitag Bedeutung, Hintergrund verstehen können

Für eine Kreuzigung dankbar sein?
Tod am Kreuz. Die Kreuzigung war laut Wikipedia eine vor allem im Alten Orient und in der Antike verbreitete Hinrichtungsart. Sie entwickelte sich aus dem Hängen, sollte aber anders als dieses die Todesqual möglichst verlängern.
Christus soll mit seinem freiwilligen Kreuzestod die Schuld aller Menschen auf sich genommen haben. Das klingt schwierig. Das würde bedeuten, dass da ein guter Mensch war, der für mich sterben musste. Frohmachende Botschaft? Das stimmt mich doch eher traurig.
Von Marie von Ebner-Eschenbach stammt folgende Aussage:
«Das Gefühl schuldiger Dankbarkeit ist eine Last, die nur starke Seelen zu ertragen vermögen.»
Das Gefühl schuldiger Dankbarkeit. Für etwas dankbar sein, was ich nicht gewünscht habe. Die US-amerikanische Lyrikerin, Punk- und Rockmusikerin Patti Smith spricht mir aus dem Herzen, wenn sie sagt:
«Ich bin nicht gegen Jesus, aber ich war 20 und wollte meine eigenen Fehler machen und nicht, dass irgendjemand für mich stirbt. Ich stehe hinter diesem 20-jährigen Mädchen, aber ich habe mich weiterentwickelt.»
Mensch und Fehler machen gehört zusammen
Ich schliesse mich Patti Smith an. Eine Fehlerkultur muss erlaubt sein, sie ist sogar sehr förderlich. Weil sie eine grosse Chance für Persönlichkeitsentwicklung ist. Irgendetwas sagt mir, dass unser Gott dies genau gleich sieht. Fehler sind erlaubt, ja müssen erlaubt sein. Warum dann dieser Tod? Diese Schwere?
Christlicher Glaube fordert uns. Jesus, der vom Tod aufersteht. Jesus der auf Wolken gen Himmel schwindet und vieles andere. Möglich, glaubwürdig – oder nicht?
Manchmal frage ich mich, ob diese Geschichten Sinnbilder für Handlungen sind, die wir heute anders beschreiben würden.
Damals war eine Zeit, in der viele Naturphänomene noch nicht erklärbar waren und deshalb anhand dem persönlichen Erleben gedeutet wurden.

Unsere Wahrnehmung bewusst hinterfragen. Auch bei christlichen Feiertagen wie Karfreitag.
Unsere Wahrnehmung = unsere Wahrheit
Im Buch «Anders sehen» von Dr. Beau Lotto schreibt dieser weltbekannte Neurowissenschaftler, dass unsere Augen nur 10 Prozent der Informationen nutzen. Den Rest liefern andere Bereiche des Gehirns.
Was wir wahrnehmen, kommt aus dem scheinbar unendlich komplexen Netzwerk unseres Gehirns, das all den eintreffenden Informationen eine Bedeutung gibt.
Unser Gehirn gibt den ankommenden Informationen eine individuelle Bedeutung.
Das heisst, dass wir vermutlich all die Informationen, die auf uns hereinprasseln, genauer hinterfragen sollten, bzw. das, was wir darunter verstehen. Das braucht zwar mehr Zeit, kann allerdings sehr aufschlussreich sein.
Es braucht Mut, hinter die Kulissen, bzw. hinter unsere eigene Wahrnehmung sehen zu wollen.
Karfreitag: Sensibilisierung für eine andere Welt
Das Geschehen von Karfreitag ist für uns heute unvorstellbar. Es übersteigt unser Denken und unsere ganze Vorstellungskraft. Es braucht darum einen Blick hinter die Kulissen.
Mit menschlicher Logik lässt sich so etwas kaum erklären. Bleibt das Ausserirdische und Übersinnliche. Das Unbekannte. Das Unsichtbare und ausserhalb unserer Wahrnehmung Stattfindende.
Dem biblischen Bericht nach öffnet dieser Tod die Tür zu einer neuen, zukünftigen, von Gott geplanten Welt. Eines nach unserem diesseitigen, irdischen und vergänglichen Leben.
Warum Christus an Karfreitag sterben musste, warum es offenbar etwas gibt, das er an unserer Stelle bereinigen musste, werden wir wohl nie verstehen. Es übersteigt unseren Verstand. Tatsache ist jedoch, dass wir nicht beim Tod stehenbleiben dürfen.
Er ist im Falle von Karfreitag eben nicht endgültig, sondern Sinnbild für einen Neuanfang. Und Christus geht voran.
Ich lese in der biblischen Geschichte keinen Vorwurf von Jesus Christus an uns Menschen.
Das ist sehr befreiend! Ausserdem machen die neu gewonnenen Perspektiven Lust auf einen Blick hinter unsere eigenen Kulissen.
© christliche-feiertage.ch, 6.3.2023, überabeitet am 3.1.2025 / Andreas Räber
Autor: Andreas Räber, Enneagramm-Coach/Trainer, GPI®-Coach, Autor von zahlreichen Blogs und Kurzgeschichten
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