Pfingsten – Ursprung und Bräuche des christlichen Festes
Pfingsten unter der Lupe
Wenn Bauern Gebete für eine reiche Ernte gen Himmel richten und junge Frauen sich über einen frisch geschlagenen Baum vor ihrer Haustür freuen, hat das meistens eine Bedeutung: Es ist Pfingsten.
An wohl keinem anderen Feiertag gibt es eine solch interessante Vermischung von christlichen und heidnischen Bräuchen, die friedlich nebeneinander existieren. In diesem Artikel erhalten Sie eine Auswahl der schönsten, skurrilsten und lustigsten Traditionen aus aller Welt, die Pfingsten über die Jahrhunderte hervorgebracht hat.
26.01.2019
Andreas Räber
Die Bedeutung von Pfingsten
Pfingsten ist nach Weihnachten und Ostern das dritte grosse Fest der Christen und wird genau 50 Tage nach Ostermontag gefeiert. In den meisten christlichen Ländern ist es ein arbeitsfreier Feiertag.
Was wir heute «Pfingsten» nennen kommt vom jüdischen «Wochenfest» (Chag hassukkot, kurz: Schawuot), = 7 Wochen bzw. 50 Tage nach dem Passa – daher «Wochenfest» oder Pentekoste (Pfingsten) von griech. „hä pentäkostä (= 50Tage). Bedeutung des Festes: Erinnerung an den Empfang der 10 Gebote und Erntedank (Weizenernte). (Quelle: Lexikon zur Bibel, Hrsg. F. Rienecker, G. Maier, A. Schick, U. Wendel, 2013, S. 575).
Dies hatte folgenden Grund: Laut der Bibel erschien der Heilige Geist an diesem Tag den 12 Aposteln. Die Jünger Jesu hatten ein Erleuchtungserlebnis, konnten plötzlich mehrere Sprachen sprechen und erhielten den Auftrag, das Evangelium zu verkünden. Diese explizite Aufforderung, den christlichen Glauben zu verbreiten, wird daher als Geburtsstunde der Kirche angesehen.
Zusätzlich zur religiösen Bedeutung haben heute viele kulturelle oder regionale Eigenheiten Einzug in die Pfingstfeierlichkeiten gefunden.
Pfingsten – Ursprung und Bräuche des christlichen Festes

Pfingstbaum und Maibaum
In vielen Ortschaften prägt an Pfingsten ein aufrecht hervorragender, mit Girlanden geschmückter Pfingstbaum die Dorfsilhouette. Dabei handelt es sich meist um Birken, die Fruchtbarkeit und eine kommende reiche Ernte symbolisieren sollen.
In anderen Regionen stellen junge Männer unverheirateten Frauen einen frisch geschlagenen Maibaum vor die Haustüre, um Interesse zu signalisieren.
Auch der Maibaumklau im Nachbardorf – meist ausgelöst durch reichlich Bierkonsum – hat es zu einem beliebten «Sport» um die Pfingstzeit gebracht.
Der Laubmann in Langenbach
Schreckhafte Menschen sollten sich an Pfingsten besser nicht in das kleine Dorf Langenbach in der Pfalz wagen. Dort wandelt nämlich der berüchtigte «Laubmann», ein riesenhaftes grünes Ungetüm, an Pfingsten durch die Strassen und fordert mit seinen zwei düsteren Gesellen Wegegelder von den Einwohnern.
Der Laubmann gilt als personifizierter Frühling und entstammt einer alten Sage aus der Region. Wer versuchen würde, den Laubmann zu enttarnen (was selbstverständlich niemand wagt), würde jedoch entdecken, dass es sich dabei nicht um eine mystische Sagengestalt, sondern eher um einen verkleideten Schuljungen handelt.
Pfingstblüttler in der Schweiz
Auch im schweizerischen Ettingen treiben sich seltsame Wesen am Pfingstmorgen herum. Junge Männer ziehen in Pflanzenteile gekleidet zum Dorfbrunnen und nehmen ein Bad. Dabei «segnen» sie die umstehenden Zuschauer, indem sie sie mit Wasser bespritzen, das primäre Zielobjekt sind dabei junge Frauen.
In anderen Regionen im deutschsprachigen Raum sind ähnliche Bräuche auch als «Pfingstlümmel» oder «Wasservogel» bekannt.
Salzsiederfest in Schwäbisch Hall
Hungrige kommen in Schwäbisch Hall auf ihre Kosten. Dort wird an Pfingsten traditionell das Salzsiederfest zelebriert. Mittelpunkt und Star der Feierlichkeiten ist ein 100 Kilo schwerer Kuchen, der von in Tracht gekleideten Einwohnern durch die Stadt getragen wird. Laut der Legende haben die Salzsieder, die früheren Arbeiter in den Hallener Salzwerken, im Jahre 1316 einen Müller aus seiner brennenden Stadtmühle gerettet. Zum Dank soll der glückliche Müllersmann den Salzsiedern einen grossen Kuchen geschenkt haben.
Pfingstsingen im bergischen Land
Das Pfingstsingen im bergischen Land in Nordrhein-Westfalen ist wohl einer der interessantesten Pfingstbräuche. An besagtem Tag schallen dort wohlklingende Männerstimmen durch die Ortschaften, die Eier und Speck, manchmal auch Frauen im heiratsfähigen Alter besingen. Die Interpreten erhoffen sich bei der Ausübung dieses jahrhundertealten Brauchs, dass das Besungene möglichst bald zu ihnen kommt.
Pfingstfeuer
Im Christentum gilt das Pfingstfeuer auch als Symbol für den Heiligen Geist, der die Gläubigen reinigt und ihnen Erleuchtung schenkt. Traditionelle Pfingstfeuer sind heute eher seltener zu finden, viele Familie entzünden jedoch zum Zeichen ihres Glaubens eine Pfingstkerze am Frühstückstisch.
Im Christentum gilt das Pfingstfeuer auch als Symbol für den Heiligen Geist.

Diese Auswahl zeigt: An Pfingsten geht es viel um das Zelebrieren der Fruchtbarkeit von Mensch und Natur.
Unsere Vorfahren waren in erster Linie Bauern, lebten von ihren Selbsterzeugnissen und waren abhängig von den Launen der Natur.
Auch wenn das Erbitten um fruchtbares Land und den Ausfall einer reichen Ernte heute für die meisten nicht mehr mit der unmittelbaren Lebensgrundlage zusammenhängt, können wir uns doch an Pfingsten auf diese Weise daran erinnern, wie reich uns die Natur in Wahrheit beschenkt und wie wichtig sie für unser Leben ist.
Andreas Räber, GPI®-Coach, Autor von zahlreichen Blogs und Kurzgeschichten
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