02.02.2015- Andreas Räber
Der Film beginnt mit einem Orchester, das sich vor einem Konzert einspielt. Hohe Konzentration. Die Parts sind klar. Der Dirigent fehlt. Ein Platz in einem Register ist ebenfalls noch leer. Szenenwechsel zum Parkplatz vor dem Konzertsaal. Ein gestresster Familienvater fährt mit seinem Deux chevaux vor, springt heraus, nimmt seine Trommel, die Noten, rennt die Treppe hoch und kann sich gerade noch rechtzeitig an seinen leeren Platz setzen. Der Dirigent kommt und das Orchester beginnt zu spielen. Zufrieden, dass er es noch geschafft hat, erkennt der Musiker plötzlich mit Schrecken, dass er seine Trommelstöcke im Auto vergessen hat. Ganz vorsichtig robbt er möglichst unauffällig zwischen den andern Musikern durch zum Ausgang. Beim Auto angekommen, stellt er entsetzt fest, dass er die Schlüssel an seinem Platz gelassen hat!
Zurück am Rande der Bühne, signalisiert er einer Geiger-Kollegin neben seinem Sitzplatz, dass sein Schlüssel am Platz liegt. Die Geigerin schafft es, während des Spielens den Schlüssel mit dem Geigenstab zu packen und ihn elegant weiter zu werfen, wo andere Musikerkollegen ihn auffangen und zum wartenden Trommler spedieren können. Ein eingespieltes Team, so wirkt es auf mich. Die Story geht gut aus. Als sein Einsatz am Ende des Musikstücks kommt, ist der Trommler einsatzbereit an seinem Platz und spielt seinen Part souverän. Er musste bereits als fehlbar bekannt sein unter seinen Kollegen. Der Dirigent hat während des ganzen Stückes einfach weiter dirigiert. Auch er kennt die Eigenarten seiner Musiker. Als Betrachter dieses Kurzfilmes muss man davon ausgehen, dass diese Situation nicht das erste Mal vorkam. Viele für einen. Ein starkes Team. Das klingt gut.
Die Reaktionen
Die Diskussionen in der Teamcoaching-Weiterbildung über diesen Film waren vielseitig. Ist es die Aufgabe der anderen, dem fehlbaren Musiker (immer wieder) zu helfen? Wären sie überhaupt verpflichtet gewesen oder hätten sie sich nicht einfach nur auf ihren Part konzentrieren können? Soll er doch selber schauen! Dieser Film hat etwas in mir bewirkt. Ich bin sensibler auf andere geworden. Helfe, auch wenn ich es nicht müsste. Und was hat dies nun mit Karfreitag zu tun?
Einer für alle
Zugegeben, fehlbar sind wir alle. Mehr oder weniger. Wer von uns ist nicht schon zu spät gekommen? Oder ist selbst «Opfer» wegen solcher Menschen geworden? Wer von uns hat sich nicht schon fahrlässig verhalten? Beim Autofahren. Auf der Skipiste. Ist mit dem Schrecken davon gekommen. Vielleicht, weil andere geholfen haben. Beispiele aus dem sozialen Bereich könnten wir viele aufzählen. Ich denke und handle und dies hat Auswirkungen auf mein soziales Netz. Der Stein, den ich ins Wasser geworfen habe, wirft Wellen auf. Kleinere und grössere. So ist es auch im Zusammenleben. Bin ich mir dessen noch bewusst?
Nochmals Szenenwechsel. Hin zu Karfreitag
Christus als Sühneopfer für die Menschen. Gekreuzigt an Karfreitag. Das, obwohl er laut biblischem Bericht unschuldig war. Er stand dafür ein, dass wir beim Jüngsten Gericht nicht verurteilt werden. Dort geht es um Beziehung. Wie wir sie gelebt und was wir daraus gemacht haben. Zwischen Menschen geht einiges ab. Zwischen Mensch und Gott auch. Bewusst und unbewusst. Kleinere und grössere Wellen.
Karfreitag ist die freiwillige Übernahme von Verantwortung von Christus für andere. Als «Dirigent» kennt er die Eigenarten seiner Menschen. Wir leben letztendlich alle in einem Team. Sind uns näher oder fremder. Leben tun wir alle von gegenseitiger Wahrnehmung. Vom Teil Sein. Mehr oder weniger. Helfen gegenseitig so gut es geht. Soviel wir vermögen. Ganz praktisch. Das klingt gut …
