Ein Kommentar aus der Reihe «Auch das noch!» von Andreas Räber, GPI®-Coach
Irritierend. Karfreitag hat in meinen Augen schon immer etwas sehr Schweres, sehr Dunkles vermittelt. Der christliche Feiertag erzählt von der Hinrichtung eines Menschen, der in seiner Zeit und der damaligen Gesellschaft viel Gutes getan hat. Das macht die Geschichte für mich unerklärlich.
Unschuldige Menschen, denen Unrecht getan wird: Das kann uns nicht kalt lassen, weil es auch unser eigenes Sicherheitsgefühl irritiert.
Kommt dazu, dass dieses Sterben in der christlichen Tradition mit der Orientierungslosigkeit von uns Menschen in Verbindung gebracht wird. Christus stirbt an unserer Stelle, stellvertretend für unsere Schuld, so die Aussage der Bibel.
Gerechtigkeit. Christus stirbt an meiner Stelle, damit die Gerechtigkeit wiederhergestellt wird. Mit dieser Aussage habe ich, offen gestanden, sehr Mühe. Sie überfordert mein Gerechtigkeitsgefühl. Sie vermittelt Pflicht und Schuld meinerseits gegenüber jemandem, der vor über 2’000 Jahren auf dieser Erde gelebt hat. Kann das sein? Ich weiss es nicht. Mein Glaube an einen gerechten Gott wird infrage gestellt. Wahrscheinlich werde ich diese «Schuldfrage» nicht mit meiner Logik beantworten können.
Wertschätzung. Karfreitag aus diesem Grund keine Bedeutung zu geben, fände ich allerdings nicht richtig. Christus hat in der damaligen Gesellschaft offen auf Unrecht hingewiesen, hat sich Zeit für Kranke genommen, lohnenswerte Perspektiven vermittelt und so einen wertvollen Beitrag geleistet. Dazu gehören eine stabile innere Überzeugung und viel Mut. Christi Handeln für die Gesellschaft verdient allerhöchste Wertschätzung.
Mut und Überzeugung. Karfreitag vermittelt auf den ersten Blick ein trauriges Ende. Alles für nichts. Die totalitäre Macht hat einmal mehr gewonnen. Entsprechend überwältigend ist die Trauer im sozialen Umfeld von Christus. War das wirklich alles? Schon wieder Verwirrung! Doch halt:
Vielen Menschen halfen seine Worte, ihr Leben in neue Bahnen zu lenken. Sie halfen Menschen, ihre Verantwortung wahrzunehmen und Leben zu fördern.
Nachvollziehbare Bedeutung. Letztendlich sind es wir selbst, die den Ereignissen eine Bedeutung geben. Und Leben ist bekanntlich das, was wir daraus machen.
Leben bewusst gestalten, so würde ich die Vorgeschichte von Karfreitag ins Heute übersetzen.
Ein Leben, das am Ende vielleicht dem einen oder andern auf eine anhaltende positive Art in Erinnerung bleibt. Ein Leben, das zum Beispiel Menschen im Stress hilft, innezuhalten, sich neu zu orientieren und das Armen und Kranken die nötige Hilfe schenkt.
Ein Leben, das lebens- und gesellschaftsfördernde Werte verkörpert.
Jedes Leben trägt auch das Sterben in sich. Sterben im Sinne von Einsamkeit erleben, Fehler machen, Rückschläge erleiden, gegen die eigenen Gefühle handeln und vieles nicht verstehen können. Karfreitag heute.
Wir alle kennen solche Herausforderungen nur zu gut. Doch was gibt es Schöneres, als wenn dem gefühlten Ende ein machbarer und lebenswerter Anfang folgt?
Andreas Räber ist GPI®-Coach und fundierter Querdenker. Er fördert neue Denk- und Sichtweisen, zum einen als Autor zahlreicher Blogs, Fachartikel und Kurzgeschichten rund um Beruf, Glauben und Leben. Zum anderen begleitet er seit über 14 Jahren Menschen bei Themen wie Standortbestimmung, berufliche Neuorientierung, berufliche Selbstständigkeit, Persönlichkeitsentwicklung etc.
Er ist Inhaber der Webseiten christliche-feiertage.ch, christliche-lebensberatung.ch und christliche-werte.ch und Autor des wöchentlichen Impuls-Newsletters «Anstubser».
Andreas Räber ist zudem seit über 20 Jahren im Bereich Internet und Online-Marketing tätig.